

Ja, es mag dem ein oder anderen Fußballfan verwegen erscheinen, wenn er oder sie diesen Satz liest, aber ich schreibe ihn nicht aus der verzweifelten Sehnsucht eines Fußballfans, der seit Jahrzehnten den Schmerz ertragen muss, dass sein geliebter Fußballclub, nicht mehr zu den Topclubs der Liga gehört und deshalb auch schon seit mehr als 20 Jahren nichts wichtiges mehr in den Händen hielt.
Ich schreibe dieses aus der Sicht eines Fußballfans, der die aktuelle Saison aufmerksam verfolgt und die Leistungsfähigkeit der wichtigsten Clubs analysiert hat.
Bayerische Tristesse wird durchbrochen
Wenn am 20. Spieltag das Tabellenbild so aussieht, dass die bisher überragende Mannschaft, Borussia Dortmund, auf Platz eins und mit sieben Punkten Vorsprung auf die Verfolger aus Mönchengladbach und München alles überstrahlt, dann geht vielen Fußballfans schon mal das Herz auf, weil die Tristesse des ständig gleichen Fußballmeisters aus der bayerischen Hauptstadt endlich durchbrochen werden könnte. Die Langeweile an der Tabellenspitze hat endlich ein Ende. Zumindest vorerst.
Was aber, spricht denn nun dafür, dass die einzig wahre Borussia vom Niederrhein, trotz dieses erheblichen Rückstandes und der immer noch allgegenwärtigen Dominanz der Dortmunder Borussia, am Ende der Saison nicht nur den bisher verdienten und heiß ersehnten Champions-League-Platz, sondern womöglich zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren wieder die heißeste silberne Schüssel der Welt in den Händen halten könnte?
Einiges!
Gladbacher Erfolgsfaktoren
Wer den bisherigen Saisonverlauf betrachtet, der kann feststellen, dass der Gladbacher Trainer Dieter Hecking und sein Team im vergangenen Sommer eine Menge richtiger Entscheidungen getroffen haben.
Neben der Umstellung des Spielsystems auf ein 4-3-3-System waren natürlich die Verpflichtungen bzw. Rückholungen von Spielern wie Alassane Plea, Michael Lang und Florian Neuhaus sehr wichtig. Mindestens genauso wichtig war aber die Positionierung von Nico Elvedi in die Innenverteidigung der Mannschaft, dessen Platz auf der rechten Aussenbahn von dem erfahrenen Michael Lang übernommen wurde. Nico Elvedi entwickelte sich im Laufe der Saison zu einem der besten Innenverteidiger der Liga und sorgt seither gemeinsam mit Matthias Ginter, Oscar Wendt und Jan Sommer dafür, dass die Borussia mittlerweile die wenigsten Treffer der Liga kassiert. Und diese defensive Stabilität nimmt mit jedem Spieltag zu. In den vergangenen sieben Spielen, haben die Gladbacher in sechs von sieben Spielen zu null gespielt. Nur beim BVB kassierte man zwei Treffer.
Die weichen Faktoren: Heimstärke und gute Laune
Neben dieser defensiven Stabilität strahlt natürlich besonders die Heimstärke aus dem „Borussia-Park“. Alle neun Heimspiele wurden in dieser Saison gewonnen, insgesamt gerade mal drei Tore dabei kassiert. Für den Saisonverlauf eines Teams gibt es nichts wichtigeres, als eine solche stabile Heimbilanz, denn diese garantiert nicht nur ein volles Stadion, sondern eben stets gute Laune im Umfeld der Mannschaft und: Punkte!
Waren die Gladbacher im ersten Saisondrittel noch recht instabil bei ihren Auswärtsspielen und fingen sich in Spielen bei Hertha, Freiburg oder Leipzig unnötig viele Tore, so hat sich auch das mittlerweile verändert. Neben den fulminanten Siegen in München und Bremen, konnte man jetzt zur Rückrunde sowohl in Leverkusen, als auch in Schalke die Punkte mitnehmen.
Neuzugang hinter den Kulissen
Aber es sind nicht nur die vielen Punkte, die man bislang holen konnte, sondern es ist die unglaubliche Stabilität, die diese Mannschaft auszeichnet. Sie haben mittlerweile die Ruhe und Gelassenheit, die es braucht auch solche Spiele wie gegen Augsburg oder auf Schalke in den letzten Minuten zu gewinnen. Sie wissen genau, was sie können und vertrauen darauf zu 100%.
Der wichtigste Wechsel im vergangenen Sommer dürfte allerdings hinter den Kulissen erfolgt sein. Die medizinische Abteilung! Waren die Gladbacher in den vergangenen Jahren von außergewöhnlich vielen Verletzungen verfolgt, ganz besonders viele Muskelverletzungen, so hat sich auch dieses in dieser Saison dramatisch verbessert.
Teamgeist statt Eitelkeiten
Das führte dazu, dass die Mannschaft bei vielen Spielen in dieser Saison mit einer ungeheuren Leistungsbreite auf der Bank glänzen konnte und im letzten Spieldrittel häufig nochmal richtig nachlegen konnte, wenn es darauf ankam.
Obwohl die Leistungsdichte hoch ist und bei vielen Spielen auf der Bank oder auch auf der Tribüne zahlreiche Spieler sitzen, die im letzten Jahr noch unbestrittene Stammspieler waren, ist die Stimmung im Team offensichtlich hervorragend. Es sind solche Persönlichkeiten wie Christoph Kramer, die hier beispielhaft voran gehen und den mannschaftlichen Erfolg immer vor die eigenen Bedürfnisse und Eitelkeiten stellen.
Diese mannschaftliche Geschlossenheit ist ein ganz wichtiger Faktor, wenn es in die entscheidenden Spiele einer Saison geht, sowie für die Ruhe im Umfeld des Clubs.
Und das unterscheidet schonmal die Situation von der in Gladbach und der an der Säbener Straße in München.
Spielplan spricht für Mönchengladbach
Wichtiger dürfte aber sein, welchen Belastungen die Mannschaften in den 14 verbliebenen Partien ausgesetzt sind. Stand heute, sind die Bayern und die Dortmunder noch auf drei Hochzeiten unterwegs. Neben der Liga, kämpfen sie um die Pokale im DFB Pokal und der Champions League. Einerseits beneidenswert, wenn man vom Niederrhein aus schaut, andererseits natürlich ein riesiger Vorteil für die eigene Mannschaft, wenn es jetzt um die Schale geht. Während die Gladbacher ihre volle Konzentration auf den Kampf um die Spitzenplätze in der Liga fokussieren können, dürfen und müssen die beiden Kontrahenten, die Kräfte, Nerven und Konzentrationspotentiale eben massvoll verteilen. Das Risiko von Verletzungen und Unkonzentriertheiten steigt natürlich, je höher die Belastungen für die Spieler sind.
Der größte Vorteil für die Borussia vom Niederrhein könnte aber der Spielplan der Liga sein. Denn dieser führt zufällig dazu, dass in der Rückrunde alle relevanten und aktuell im vorderen Tabellendrittel vertreten Mannschaften in Gladbach antreten müssen. Bei der heimstärksten Mannschaft der Liga: Bremen, Wolfsburg, Leipzig, Hoffenheim, Hertha, Bayern und dann am letzten Spieltag die Dortmunder Borussen. Lediglich die Frankfurter Eintracht hat als aktueller Tabellenfünfter das Privileg, die Borussen daheim bespielen zu dürfen.
Meisterschaftsfinale am 34. Spieltag?
Wenn es so läuft, wie es mir und hunderttausenden Fans der einzig wahren Borussia hin und wieder im Traum erscheint, dann findet am 18. Mai 2019 im „Borussia Park“ das große Finale der Bundesliga statt und es entscheidet sich an diesem Nachmittag in einem großen Fight, welche Borussia in diesem Jahr die Meisterschale in den Händen halten wird. Und wenn es dann die Gladbacher Borussen sein werden, die dieses historische Spiel gewinnen, dann werde ich, wie beim letzten mal im Mai 1977 wie ein kleiner Junge am Straßenrand stehen und weinend den großen Korso mit den jubelnden Spielern oben auf dem offenen Bus bejubeln, und ich werde wie damals, dieses unglaubliche Gefühl geniessen, ein Teil einer großartigen Familie zu sein.